Helfende Kommunikation im Gesundheitswesen

Helfende Kommunikation gehört zu den wichtigsten und herausforderndsten Aufgaben in unserer Gesellschaft. Und dennoch wird sie so wenig gefördert.

Das betrifft die Kommunikation in pflegenden und heilenden Berufen sowie Behörden und Organisationen. Und obwohl die sensible und dennoch transparente Kommunikation im Gesundheitswesen elementar ist, wird sie so wenig in der Praxis umgesetzt. 

Oft passiert es, dass im Alltag am Betroffenen vorbeigeredet wird und sich beide Seiten unverstanden fühlen. 

Beim Behandelnden haben sich nach gefühlt Tausenden von Gesprächen Routinen eingeschlichen. So entstehen für beide Seiten unzufriedene Gespräche und Missverständnisse, die die Kommunikation und weiterführende Behandlung erschweren. 

Zeit frisst Empathie

Viele behandelnde Ärzt*innen / Pfleger*innen / Heiler*innen / … haben, aufgrund der hohen Aufgabenanforderungen, oft nur wenige Minuten Zeit für ein Gespräch mit den Patient*innen. 

Viele Patient*innen fühlen sich durch diesen Zeitmangel nicht gesehen und mehr richtig beraten und sind oft mit der Inhaltsfülle von medizinischen Erklärungen überfordert. Die Tatsache, dass Patient*innen häufig in ihren Erwartungen enttäuscht werden, hat diese Gespräche zunehmend zu einem Gegenstand öffentlicher Kritik werden lassen. 

Patientenkommunikation als heilender Faktor

Dabei haben wissenschaftliche Erkenntnisse in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass die Qualität der einfühlsamen Patientenkommunikation mit zu den wichtigsten Faktoren für den Heilungsprozess gehört. 

Wer im Praxis- und Klinikalltag trotz Zeitdruck und Budgetkürzungen eine vertrauensvolle Gesprächskultur pflegen will und seine Patientengespräche Zeit effektiv und Patienten gerecht führen will, braucht Empathie und ein hohes Maß an Kommunikationskompetenz. Eine respektvolle Haltung dem Patienten gegenüber einzunehmen, gepaart mit echter Wahrnehmung und ohne Vorverurteilung, ist elementar für ein gesundheitsorientiertes Gespräch.

Wertschätzende Worte und ein wertschätzender Umgang lassen den Patienten Vertrauen, auch in den eigenen Beitrag zur Gesundheit, fassen. 

Der professionelle Erwerb von Kommunikations- und Verhaltenstechniken erleichtert die Gestaltung eines erfolgreichen Gesprächs auch in schwierigen Beratungssituationen.

Positive Wirkung helfender Kommunikation:

  • Dadurch wird eine langfristige und nachhaltige Patient*innenbindung möglich. 
  • Umfassend informierte Patient*innen sind zudem viel eher bereit, die Behandlungsvorschläge aktiv und selbstverantwortlich umzusetzen. 
  • Die im Gespräch vermittelten Informationen verringern die Gefahr von Fehldiagnosen.
  • Der bewusste und professionelle Einsatz spezifischer Gesprächstechniken führt somit langfristig zu einer Steigerung der Effizienz auf vielen Ebenen, zur eigenen Stressbefreiung und zum Wohle der Patient*innen.

Um ein konstruktives Patient*innengespräch zu führen, gilt es dies professionell auf 4 verschiedenen Kompetenzebenen zu erleben, zu verstehen und umzusetzen.

Die 4 Kompetenzebenen

1.   Nonverbale Kompetenz: Wie werden für Patient*innen wichtige Informationen und belastende Botschaften körpersprachlich adäquat und verständlich vermittelt und wie entsteht durch die non-verbale Kommunikation eine offene und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre zwischen Arzt*innen und Patient*innen?

2.   Paraverbale Kompetenz: Wie kann man durch Stimmführung (Stimmlage & Lautstärke) und Sprechverhalten (Artikulation & Sprechtempo) eine vertrauensvolle und konzentrierte Gesprächsatmosphäre schaffen und wie kann man Botschaften und Appelle durch Betonung und Wortwahl verstärken?

3.  Kognitive Kompetenz: Wie werden für den Patienten wichtige Untersuchungsergebnisse und aufwendige Behandlungsverfahren adäquat und nachvollziehbar vermittelt und wie kann man sich auf unterschiedliche Charaktertypen kognitiv einstellen und Botschaften effektiv und angemessen erklären?

4.  Affektive Kompetenz: Wie begleitet man professionell starke emotionale Reaktionen von Angst, Trauer oder Aggression und wie vermeidet man Übertragungen oder Projektionen und ein hierarchisch antiquiertes Rollenverhalten im Dialog? Sind wir über diese Fragen und Kompetenzen mit uns selbst in einem Dialog, können wir eigene Werte und Ziele hinterfragen, Fähigkeiten und Ressourcen formulieren und beobachten, mit welchen Gefühlen und Impulsen wir auf äußere Einflüsse reagieren. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft, sich selbst zu reflektieren. Kenne wir uns selbst gut, können wir auch unseren Gegenüber besser verstehen und seine Wünsche und Bedürfnisse nachvollziehen und bedienen.

Kommunikation ist Mindset

So erreichen wir eine klare innere Haltung, gefolgt von authentischem Auftreten, erhöhter Wahrnehmung und einer zielorientierten Gesprächsführung.

Indem wir:

uns auf Augenhöhe begeben. Indem wir vor einem Gespräch durchatmen und uns auf den Menschen und seine Situation zu fokussieren. dies unterstützt darin, die zu besprechenden Inhalte aus der emotionalen Perspektive der Patient*innen wahrzunehmen. Trainieren wir dies, verändern sich unsere Verhaltensweisen und automatisieren sich. 

verständlich und klar formulieren. Passen wir als Behandelnde*r unsere Sprache der jeweiligen Situation an, indem wir empathisch sprechen und wissenschaftlich-medizinische Fachsprache vermeiden. So wird der Inhalt verständlich und nachvollziehbar sowie frei von Untertönen. Dabei gilt es, bei sich und der konkreten Situation zu sein, um mit verbindlicher Eindeutigkeit zu kommunizieren, ohne großen Interpretationsspielraum zu lassen. Um sich zu versichern, dass das, was gesagt wurde auch richtig beim Empfangenden ankommt, ist es wichtig, sich über Nachfragen rückzuversichern. 

sensibel und empathisch sprechen. Indem wir als Behandelnde*r darauf bedacht sind, ein Gespräch von Mensch zu Mensch zu führten und nicht Top Down, nähen wir uns aneinander an. Hier bedarf es Fingerspitzengefühl und einen guten inneren Dialog. Nur dann schaffen wir die Gratwanderung zwischen der einfühlsamen Kommunikation mit den Patient*innen als individuelle Menschen (nicht als medizinische Objekte) und dem sich Sich-Einlassen auf das Schicksal bei gleichzeitig aktivem Selbstschutz.

Rhetorik und Sprache nutzen. Tonfall, Stimmlage und Lautstärke bestimmen, wie das, was gesagt wird, ankommt. Nicht nur was, sondern auch wie etwas gesagt wird, entscheidet über Verständnis oder Missverständnis. Sprechen wir als Behandelnde*r ruhig und beruhigend und legen Pausen ein, können Patient*innen leichter folgen, den Inhalt und dessen Bedeutung aufnehmen, nachvollziehen und verarbeiten sowie Fragen stellen. So kommt es zu einem Dialog zwischen Behandelndemn und Patient*innen, der Vertrauen herstellt. Strahlen wir ruhige Besonnenheit, vertrauensvolle Verbindlichkeit und sympathisches Miteinander aus, verstärken wir die Qualität des Gesprächs.

Der innere Prozess ermöglicht

Dies mag auf den ersten Blick aufwändig und zeitlich gar nicht machbar erscheinen. Der erste Schritt jedoch ist ein innerer Prozess.

Indem eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit der eigenen Kommunikation erfolgt, stellen sich die Weichen für eine Veränderung. Die im Prozess der Transformation zwar mehr Energie und Zeit in Abstrich nicht. Im Endergebnis jedoch durch die eintretenden Automatisierung und vor allem gehaltvollere Patientengespräche Zeit schafft. Indem Gespräche aufgrund von Missverständnissen, Sorgen und Unsicherheit nicht mehrfach geführt werden müssen.

Nehmen wir uns Zeit für Kommunikation. Gestalten wir Gespräche stressfrei, effizient und vertrauensvoll. So erhalten alle Beteiligten Ressourcen: Zeit, ein vertrauensvolles Miteinander und Verständnis füreinander.

Für ein Wir auf Augenhöhe. Von Mensch zu Mensch. 

© by Verena Arps-Roelle & Sebastian Arps

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