Getrieben oder mit Antrieb?

Manchmal fühlen wir uns getrieben. Von unserer Arbeit, unseren Idealen, unseren Ansprüchen an uns selbst oder von Anderen. Dann ist es elementar uns selber zu reflektieren und ehrlich zu beantworten, ob wir ehrgeizig angetrieben oder übermäßig getrieben sind.

Angetrieben oder getrieben?

Doch was verstehen wir eigentlich unter angetrieben sein? Angetrieben zu sein bedeutet, von einer Kraft in Bewegung gesetzt worden zu sein. Es beschreibt, wie wir unseren Alltag mit Hilfe unserer inneren Kraft, unserer Ziele, unserer Motivation und unseres Ehrgeizes leben. Bewegend, verändernd, erfüllend.

Getrieben zu sein beschreibt das Gefühl, in eine Richtung gedrängt zu werden. Von uns selbst, durch äußere Umstände oder anderen Menschen. Getrieben können wir durch konkrete Ziele sein, durch die wir eine unbewusste, verinnerlichte Motivation haben, die uns hilft, dieses Ziel fokussiert anzugehen und zu erreichen.

Getrieben zu sein kann jedoch auch bedeuten, innerlich unruhig und nervös zu sein, wenn wir wissen, das wir etwas tun sollten, jedoch nicht klar darüber sind, was und warum. Oder genau zu wissen, was wir tun sollten, dies jedoch nicht aus eigener Motivation heraus, sondern weil wir denken oder wissen, dass dies von uns erwartet wird.

Raum für Klarheit

Daher ist es elementar, Klarheit zu schaffen über das, was uns antreibt, ohne uns davon treiben zu lassen.

Erfahrungen aus unserer Kindheit und Jugend prägen unsere Persönlichkeit im Erwachsenenalter. Denn unsere Gefühle und Emotionen folgen den Prägungen und Bannbotschaften, welche wir als Kinder erlebt haben. Wir ziehen aus ihnen individuelle Schlüsse über die Welt in der wir leben und stellen unsere persönliche Wahrnehmung auf dieser Basis auf. 

Unsere Ansichten und Wahrnehmungen prägen uns in unseren Handlungen, Emotionen und Rückschlüssen. Sie stellen unsere Hauptmotivationsfaktoren, die sogenannten Antreiber, dar. Antreiber halten uns an zu dem, was wir tun und wie wir es tun. Viele Verhaltensweisen lassen sich auf unsere inneren Antreiber zurückführen und erklären. 

Wie erkennen wir was uns (an)treibt?

Eine Möglichkeit ist es, uns über das Konzept der Transaktionsanalyse unseren Erlaubern und Antreibern bewusst zu werden. Und dadurch viel über uns selbst zu lernen: über unsere Motivation, wann wir übers Ziel hinausschießen und wie wir dem Einhalt gebieten können. 

I. Die 5 Hauptantreiber

Die 5 Hauptantreiber geben die Richtung und das innere Gefühl sowie die innere Einstellung an, welche uns signifikant antreibt: 

1.    Sei perfekt!

2.    Sei schnell!

3.    Sei gefällig!

4.    Streng Dich an!

5.    Sei stark!

II. Die inneren Antreiber 

Die inneren Antreiber stehen zunächst für Eigenschaften, die uns im Leben oft weiterhelfen. Als Individuum und Gesellschaft:

1.   „Sei perfekt“ bedeutet auch: Achte auf Genauigkeit und Fehlerlosigkeit.

2.    „Sei schnell“ bedeutet auch: Beeil dich, komm in Schwung und nutze Chancen bevor sie vorbei ziehen.

3.   „Sei gefällig“ bedeutet auch: Sei gründlich und hab Durchhaltevermögen.

4.   „Sei stark“ bedeutet auch: Trau Deinen Fähigkeiten und Deiner Unabhängigkeit.

5.   „Sei schnell“ bedeutet auch: Komm in Schwung und nutze Chancen, die sich Dir bieten, bevor sie vorbeiziehen. 

Ausleben oder besser nicht?

Das Konzept der Antreiber beschreibt das unstimmige und übermäßige Ausleben dieser Eigenschaften. Je nach ihrer Ausprägung beeinflussen unsere Antreiber unser Verhalten und Erleben massiv. Unsere Denk- und Ausdrucksweise in Sprache, Haltung, Mimik und Herangehensweise passt sich den jeweils aktiven Antreibern an und ist von ihnen geprägt. 

Antreiber helfen uns also dabei erfolgreich zu agieren und den jeweiligen Status-Quo unserer Entwicklung zu erlangen, in der Welt zurechtzukommen und Sicherheit zu schaffen. 

Manchmal werden wir jedoch von ihnen gestresst und getrieben und der Treibstoff wird zur Belastung, die uns blockiert und einengt. Wenn wir Antreiber als Grundsatz überhöhen und in ihrer Absolutheit übernehmen, bekommen wir das Gefühl, dass Fehler nicht gemacht werden dürfen, wir abhängig von dem Wohlwollen Anderer sind oder Schwächen nicht zeigen dürfen. 

Vor allem in stressigen und konfliktreichen Situationen gehen die positiven Komponenten der Antreiber schneller verloren. Wir werden unverhältnismäßig von ihnen angetrieben und schaffen so noch mehr Druck, Stress und Konflikte.

In ihrem Absolutheitsanspruch und ihrer Ausschließlichkeit sind die Antreiber für uns dann zudem nicht mehr zu erfüllen und es kommt zu einem Gefühl der Erfolglosigkeit und Ohnmacht. 

Um dieser Übertreibung entgegenzuwirken, unsere Antreiber positiv zu nutzen und im Zaum zu halten, können wir ihnen die Erlauber gegenüberstellen. 

III. Die Erlauber

1.       Sei perfekt: 

Dieser Antreiber treibt Perfektionisten an, die meinen, nie gut genug zu sein. Alles kann besser gemacht werden und nichts macht wirklich zufrieden, alle Dinge müssen absolut perfekt erledigt werden. 

Menschen mit einem solchen Perfektionismus richten ihr Tun darauf aus, um die eigene Anerkennung und die Anerkennung der anderen zu erlangen. Diese Menschen glauben, dass Andere Erwartungen in sie haben, die sie erfüllen müssen und dass sie wiederum ihre eigenen Erwartungen auf andere Menschen projizieren können in der Erwartung, dass diesen entsprochen wird. Sie sind der Ansicht, dass es richtig ist, wenn Menschen das tun, was sie für richtig halten. 

Allerdings glauben sie auch, dass sie nur dann in Ordnung sind, wenn sie selbst genau den gesellschaftlichen Regeln und den an sie gestellten Erwartungen entsprechen. Sie treibt an, alles perfekt machen zu müssen und ihre eigenen Erwartungen und die Erwartungen der anderen zu erfüllen. In ihren Augen zählen nur absolut fehlerfreie, makellose Ergebnisse. 

Jeder Fehler wird als Bloßstellung empfunden und muss deshalb unbedingt vermieden werden. Das verzögert den gesamten Arbeitsprozess. Weil sie sich an weniger wichtigen Kleinigkeiten aufhalten, verheddern sie sich irgendwann in einem wirren Netz aus Übergenauigkeit und akutem Zeitdruck. Dadurch werden wichtige Aufgaben nicht zu Ende geführt und es entsteht sogleich das Gefühl gescheitert zu sein. Perfektionisten können daher schlecht loslassen, weil es sein könnte, dass sie dadurch einen Fehler machen oder zulassen. 

Ein Gegenpol stellt die Erlaubnis dar Fehler machen zu dürfen und nicht perfekt sein zu müssen sowie die Unabdingbarkeit von Erwartungen in Frage zu stellen und Unvollkommenheit zu akzeptieren. 

Ich gebe mein Bestes und das reicht.

2.       Streng dich an: 

Dieser Treiber steht für alle, die Herausforderungen suchen und denen es nie zu schwer sein kann. Nichts darf leicht fallen, denn dann ist es nichts wert. Oftmals äußert sich dieses Muster darin, dass eine zu erledigende Aufgabe als schwierig reflektiert wird und, dass es trotz aller Bemühungen nicht funktioniert hat, sie zu erfüllen. 

Oftmals machen Anstrenger aus einer kleinen Schwierigkeit eine große Herausforderung, wobei sie sich später richtig anstrengen müssen, um die Situation wieder unter Kontrolle bringen zu können. Anstatt abschließend zu handeln, versuchen sie. Denn bei den Versuchen können sie sich viel mehr anstrengen als beim eigentlichen Tun. Bei neuen Herausforderungen verspüren diese Menschen einen starken Leistungsdruck, einhergehend mit erheblichen Zweifeln am Gelingen. Trotzdem kommt aufgeben für sie nicht in Frage. 

Ihre persönlichen Ansprüche sind sehr hochgesteckt, denn sie wollen zu den besten der besten gehören, auch wenn es sie viel Energie kostet. In ihren Augen zählt nur das, was mit viel harter Arbeit und unermüdlicher Anstrengung erkämpft wurde. Daher wählen sie oft den anstrengenderen und gleichzeitig umständlicheren Weg. Um ihre Leistungsfähigkeit und ihr Engagement zu beweisen, erledigen sie viele Dinge parallel und strengen sich noch mehr an, um negativem Feedback zu entgehen. 

Der Gegenpol des Erlaubers liegt darin Aufgaben mit mehr Leichtigkeit anzugehen. Es muß nicht bis zur Erschöpfung und immer höher und weiter sein. Das eigene Können und die eigenen Kompetenzen sind bereits völlig ausreichend. 

Ich darf Fehler machen und daraus Lernen.

3.       Beeil dich: 

Dieser Antreiber spricht vor allem Handlungsorientierte an. Schnell machen, schneller sein, auch wenn zur Eile kein Grund besteht. Alles sofort, nichts kann warten, so werden oft mehrere Dinge gleichzeitig angegangen und es entstehen überfordernde Situationen. 

Diese Menschen stehen konstant unter Zeitdruck, sind stets gehetzt und nervös sowie getrieben und geben die Verantwortung für ihr Verspätungen dabei an äußere Umstände ab. Aufgaben werden schnellstmöglich und hektisch erledigt, dadurch kommt es zu Unruhe und Fehlern, welche durch eine weiter Zeitinvestition verbessert werden müssen. Beeiler wirken daher leicht hysterisch und haben Angst davor, in Ihrer Hast etwas zu verpassen. In der Kommunikation zeigt sich dieser Antreiber bei einer Person in hektischen Bewegungen, in schnellem Sprachtempo, in ungeduldigem Verhalten gegenüber anderen und in innerer Unruhe. So finden Gespräche häufig zwischen Tür und Angel statt, wodurch die wichtigen, tieferliegenden Informationen auf der Strecke bleiben. Sie hören nicht richtig zu, lassen sich leicht ablenken und schauen auch nicht genau hin. 

Womit auch immer sie sich beschäftigen, sie kratzen nur an der Oberfläche, denn es muss ja alles schnell gehen. Das führt dazu, dass sie sich verzetteln und zeitlich sowie inhaltlich keine Schwerpunkte mehr setzen. Am Ende des Tages lauert schon die (körperliche und geistige) Erschöpfung, denn es bleibt keine Zeit für einen selbst. Sie nehmen sich nicht die Zeit, Wesentliches zu erleben und es mit anderen zu teilen. Erfüllt-Sein wird ersetzt durch Schnell-Sein und Viel-Tun. Was sie brauchen, ist Ruhe, stattdessen bringen sie nur noch mehr Energie sie auf, um dem nächsten Impuls nachzujagen. Neben der Angst, etwas zu verpassen, kann also auch die Angst vor Nähe eine Rolle spielen. 

Erlauben wir uns, uns bewusst Zeit zu nehmen und die eigene Eile kritisch zu hinterfragen, um das Muster das Muster. Wir provozieren weniger herausfordernde Situationen und können insgesamt gelassener durch den Alltag gehen

Ich darf mir Zeit nehmen, Ruhe gönnen und Dinge unerledigt lassen.

4.       Sei stark:

Dieser Treiber ist bei sachorientierten Menschen besonders ausgeprägt. Sachorientierte wollen keine Gefühle zeigen und lassen es nicht zu, sich gehen zu lassen. Selbst in kritischen Situationen funktionieren sie scheinbar emotionslos. Dies führt zu dem Feuerwehrmuster, in dem Sachorientiert immer dann einspringen, wenn nichts mehr geht oder kein Anderer mehr weiter kann. 

Sie senden unbewusst die Botschaft aus, dass ihre Handlungen und Gefühle nicht selbst zu verantworten sind, sondern durch äußere Faktoren hervorgerufen wurden und jetzt alle Stärke in die Rettung der Situation fließen muß. Als geübte Multitasker nehmen sie auch zusätzliche Aufgaben lässig entgegen und verbergen ihre innere Aufregung dabei gekonnt. Nach außen projizierte Stärke empfinden sie als einen Garant für Unabhängigkeit und Überlegenheit. Es entsteht ein Gefühl der scheinbaren Sicherheit, das die Angst vorm Scheitern verdeckt. 

Bevor sie um Hilfe oder Unterstützung bitten, erledigen sie lieber alles selbst. Auch bei einer hohen Arbeitsbelastung oder enormem Druck wahren sie eine ruhige Ausstrahlung und zeigen wenig Emotionen in der Kommunikation. Sie schaffen es mithilfe ihrer Widerstandskraft und ihrem ausgeprägten Kampfgeist, Dinge voranzubringen, auch wenn es schwierig wird. Sie beklagen sich nicht, sondern halten es professionell. 

Der Gegenpol des Erlaubers besteht darin sich selbst zuzugestehen, dass Schwäche menschlich und sogar sympathisch ist. Sie müssen nicht immer funktionieren und dürfen Gefühle zulassen und ausleben um auch aus der ebenso anstrengenden Position des Feuerwehrmanns herauszufinden und mit sich und den eigenen Emotionen und Bedürfnissen im Einklang zu agieren. 

Ich muss nicht immer stark sein.

5.       Sei gefällig: 

Hinter diesem Treiber steckt der Gedanke, dass man selbst nicht wichtig ist, sondern nur die Anderen. Zudem glauben Rechtmacher, dass sie nur dann willkommen sind, wenn sie es allen anderen Menschen recht machen, die eigenen Interessen zurückstellen und sich aufopfern. Dies äußert sich oft in übertriebener Fürsorge. 

In dem Versuch, alles jedem recht zu machen, wird die eigene Meinung so sehr vergessen, dass sie glauben, die Meinung der anderen sei auch ihre eigene Meinung. Sie definieren sich über die Wertschätzung anderer und bewerten das eigene Verhalten nach den Reaktionen des direkten Gegenübers. Konflikte werden vermieden, auch dann, wenn es eigentlich wichtig wäre, für sich selbst einzustehen. Sie signalisieren stattdessen Anpassung oder versuchen die Erwartungen des Gegenübers zu erkunden, um dementsprechend zu handeln. 

Indem Rechtmacher erlaubend herausfinden, was sie selber wollen, können sie ihre Bedürfnisse und Wahrnehmungen artikulieren und an sich denken. Und dementsprechend agieren. 

Meine Bedürfnisse und Wünsche sind genauso wichtig wie die der Anderen.

Erfolg durch Antrieb

Antreiber helfen uns also dabei erfolgreich zu agieren und den jeweiligen Status-Quo unserer Entwicklung zu erlangen, in der Welt zurechtzukommen und Sicherheit zu schaffen. 

Manchmal werden wir jedoch von ihnen gestresst und getrieben und der Treibstoff wird zur Belastung, die uns blockiert und einengt. 

Vor allem dann, wenn wir sie als Grundsatz überhöht und übernommen hat. Dann bekommen wir das Gefühl, dass Fehler nicht gemacht werden dürfen, wir abhängig von dem Wohlwollen anderer sind oder Schwächen nicht zeigen dürfen. 

In ihrem Absolutheitsanspruch und ihrer Ausschließlichkeit sind diese Antreiber für uns nicht mehr zu erfüllen und es kommt zu einem Gefühl der Erfolglosigkeit und Ohnmacht. 

Antreiber vs. Erlauber

Jeder Antreiber birgt also auch die Möglichkeit ihm einen oder mehrere Erlauber entgegenzusetzen.

Über die Erlauber werden wir von dem übermäßigen Druck befreit und bekommen den nötigen Freiraum zurück, um unsere Persönlichkeit weiter zu entwickeln.

Innerhalb unserer Erwachsenenwerdung ist es daher elementar, dass wir unsere Antreiber reflektieren und für Klarheit in uns selbst und unserem Leben sorgen. 

So entwickeln wir ein Bewusstsein dafür, welche Reaktionen wann angemessen und sinnvoll sind und welche Stress auslösen. Alte Gedankenmuster und Antreiber können dann sukzessive durch neue ersetzt werden.

Damit wir nicht länger auf dem Autopilot unserer Antreiber durchs Leben reisen. Sondern uns selbst erlaubend und erfüllend. 

© by Verena Arps-Roelle

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