Keine Situation lässt sich mit allen Eventualitäten vorausplanen. Und oft kommt es anders als wir denken.
Bei einem Angriff oder einem Verlust der Kontrolle reagieren wir oft mit Sprachlosigkeit.
Weil wir überrascht wurden und nicht mit einem Angriff gerechnet haben. Jede persönlicher Angriff, jede Verletzung, jedes Bloßstellen und jede Unfairness haben nicht nur eine psychische, sondern auch eine physische Auswirkung. Wir sind verwirrt und irritiert, oft sogar gehemmt und blockiert. Unser Selbstgefühl wackelt, wir fühlen uns bedroht und geraten in Stress. Und in eine Art Schockstarre.
Behalten wir jedoch die Übersicht, können wir schlagfertig reagieren und uns zur Wehr setzen.
Wir gewinnen die Kontrolle zurück.
Die Starre und Hilflosigkeit fällt von uns ab und wir können die Situation selbstwirksam gestalten.
Geplant spontan zu agieren bedeutet, Einfluss zu nehmen, Überraschungen einzuplanen und ihnen vorbereitet entgegenzutreten. Uns nicht provozieren zu lassen und wegzuducken. Die vielen unbekannten Faktoren in unserem Alltag und bei unseren Gegenübern sorgen dafür, dass wir stets flexibel reagieren, improvisieren und spontan schlagfertig agieren können müssen. Ohne Vorbereitung und ohne Konzept.
Wow. Geht das?
Ja! Schlagfertigkeit und Spontanität sind planbar. Auch wenn beide Wörter zunächst im Kontext widersprüchlich klingen. Doch alles was wir hierfür benötigen, besitzen wir bereits und können wir trainieren.
Schlagfertigkeit ist eine Fähigkeit, die sich lernen lässt. Damit wir mit ungeplanten, ungewohnten und auch herausfordernden Situationen entspannter umgehen und in diesen angemessen reagieren können, benötigen wir das Know-How über Schlagfertigkeitstechniken, konkrete Ideen für eine spontane Routine die zu uns passt und ein wenig Übung.
Je schlagfertiger Menschen sind oder werden, desto souveräner wirken auf Sie auf ihr Umfeld.
Wer souverän ist, hört auf seine eigene Intuition und lässt sich nur wenig bis gar nicht von Anderen in seinem Denken und Handeln beeinflussen. Souveränität bedeutet, auch in schwierigen Situationen ruhigen Kopf zu behalten, Problemen gelassen gegenüber zu stehen und diese so gut es geht zu lösen. Kurz gesagt, wer von anderen respektiert werden und seine Interessen geltend machen will, muss seinen Wert als Mensch kennen. Und diesen in heiklen Situationen verteidigen können.
Also souverän sein und dazu noch schlagfertig?
Souveränität – entstehend aus Selbstsicherheit, Unabhängigkeit und einem klaren Selbstbild – ist die Basis für Schlagfertigkeit. Wenn wir über Schlagfertigkeit sprechen, ist es wichtig sich vorher klar zumachen dass wir eine starke souveräne Grundeinstellung benötigen, um die Techniken der Schlagfertigkeit wirksam zu nutzen.
Gute Vorbereitung und spontane Gelassenheit gepaart mit einer gesunden Distanz zum Geschehen, geben uns die Freiheit adäquat und schlagfertig zu reagieren. Indem wir die Zusammenhänge von Aktion und Reaktion verstehen und uns von unseren bisherigen Verhaltensmustern, die spontane Reaktionen hemmen, lösen. Statt Sprachlosigkeit nutzen wir unsere Kreativität, unseren Humor, unser Wissen und unsere Talente. Um humorvolle gelassen, fair und stark auf ungewohnte Situationen und Attacken zu reagieren.
Schlagfertigkeit macht, neben dem einfacheren Umgang mit Situationen und der Stärkung unseres Selbstbewusstseins, noch mehr für uns:
- Wenn wir unseren Ärger über Angriffe oder Verbal Attacken formulieren und gelungen kontern, erleben wir weniger Stress, und stattdessen das Gefühl von Stolz.
- Agieren wir schlagfertig, stärken wir unser Selbstbewusstsein.
- Wir achten auf die Wahrung unserer Grenzen und schützen diese so.
- Wir setzen uns schneller und besser durch.
- Wir erhalten mehr Aufmerksamkeit und eine höhere Zustimmung.
- Wir reduzieren unser Stresslevel und leben so gesünder.
Erste Hilfe und schlagfertige Antworten können wir über einfache Techniken erhalten. Wichtig ist, dass wir überhaupt in irgendeiner Form reagieren. Und wenn es der größte Unsinn ist. Allein dadurch machen wir bereits den ersten Schritt, um uns zu behaupten. Elementar ist, uns immer auf eine konkrekte Situation oder ein Verhalten zu beziehen, nicht auf persönliche Ebenen. Am einfachsten ist es, wenn wir uns einen Fundus von Allzweckantworten und Verhaltensweisen zulegen, auf die wir zurückgreifen können.
Indem wir uns Formulierungen einprägen Situationen gedanklich durchspielen, können wir immer besser im richtigen Augenblick souverän reagieren:
- Atmen Sie durch.
- Bleiben Sie kühl und gelassen, fahren Sie Ihren inneren Schutzschild hoch, an dem negative Launen, Kritik und Anfeindungen abprallen.
- Überhören Sie den Angriff, ignorieren Sie ihn oder lassen Sie ihn ins Leere laufen lassen, indem Sie ohne Worte agieren: Zunicken, Zuzwinkern, oder neugierig starren – das alles sind Gesten, die ihre Energie sparen und den gegenüber irritieren und in die Schranken weisen.
- Sprechen Sie ruhig und bestimmt. So wirken Sie selbstbewusst und stark, auch wenn Sie sich nicht so fühlen.
- Suchen Sie nicht nach der perfekten Antwort, das blockiert Sie nur. Denken Sie direkter und simpler. Dann die Chance auch größer, dass Ihr Gegenüber ihre Antwort versteht.
- Überlegen Sie sich Ihre persönlichen Instant-Sätze, die zu Ihnen passen, die Sie sich leicht merken können und die vielseitig anwendbar sind. Üben Sie diese fertigen Sätze ein, um sie in schwierigen Situationen schnell und sicher abrufen zu können: „Ich passe mich meiner Umgebung an. / Ich habe Sie als Vorbild. / Anscheinend ist das Niveau gestiegen, es ist nur leider niemand mehr drauf.“
- Bevor Sie nichts sagen, sagen Sie, dass Sie dazu nichts sagen und lassen Sie Angriffe so an sich abprallen: „Dazu sage ich nichts. / Dazu fällt mir wirklich gar nichts ein.“
- Fragen Sie nach, was Ihr Gegenüber mit dem Gesagten gemeint hat: „Wie meinen Sie das? / Wie kommen Sie darauf? / Warum?“
- Überraschen Sie Ihren Gegenüber, in dem Sie ihm zustimmen: „So bin ich halt. / Stimmt, ich habe …“
- Ziehen Sie die Notbremse, indem Sie sagen, dass Sie nichts verstehen. So gewinnen Sie zudem Zeit, denn der Angreifer wird seine Antwort ggf. wiederholen. Und wenn nicht, ist die Situation auch vorbei: „Ich verstehe nicht, was Sie sagen. / Wie bitte?“
- Reagieren Sie mit Nullsätzen, die keinen oder nur einen sehr geringen Bezug zum Angriff haben und die Sie unabhängig benutzen können: „Aha! / Oje. / Sie irren sich. / So redet man nicht mit mir.“
- Seien Sie der Spielverderber, indem Sie langweilige und altbekannte Sätze sagen, mit denen der gegenüber wenig anfangen und so auch wenig zurückschlagen kann: „Ich hab damit kein Problem! / Wenn Sie meinen… / Wenn es Ihnen hilft…“
- Weisen Sie die Vorwürfe zurück: „Da kann ich Ihre Wahrnehmung nicht teilen. Ich habe…“
Mithilfe der vorgestellten einfachen Techniken, reagieren wir stark, intelligent und souverän.
Professionell schlagfertig zu reagieren bedeutet jedoch auch, im Umkehrschluss die Würde des Gegenübers zu wahren, unseren Angreifer nicht bloßzustellen und nicht schärfer zu schießen, als der Angriff auf uns erfolgte. Damit wir Augenhöhe herstellen und selbstbehauptet aus der Situation gehen können. Dabei sollten wir stets daran denken, dass Schlagfertigkeit nicht dabei hilft, Konflikte zu schlichten oder zu lösen. Ich kann jedoch dabei helfen, auf eine andere Ebene zu gelangen, von der aus dann ein konstruktives Gespräch möglich ist.
Für eine gute Vorbereitung und mehr Freiräume für Spontanität.
© by Verena Arps-Roelle & Sebastian Arps